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Prof. Dr. Rainer Stollmann, Schadenfrohe Amseln. Lachen und Humor, aber mal ernsthaft!

14. Februar 2023 19:00 - 21:00

Wie alt ist das Lachen? Acht Millionen Jahre. Also älter als der aufrechte Gang, der Werkzeuggebrauch oder die Gehirnerweiterung und der aufrechte Gang. Woher wissen wir das? Weil Schimpansenmütter ihre Kinder kitzeln. Kitzeln ist ein rätselhafter, paradoxer Vorgang: Jeder will gern lachen, aber keiner gern gekitzelt werden. Darüber muss man genauer nachdenken. Tatsächlich entsteht jedes Lachen aus Kitzeln – nur eben nicht mehr an der Körperhaut, sondern aus anderen Häuten (Zusammenhängen), in denen Menschen leben: Familie, Nachbarschaft, Verein, Gesellschaft, Nation usw. Ein guter Komiker findet die kitzligen Stellen sozialer (politischer, nationaler, moralischer usw.) „Häute“ und berührt sie (mit Worten oder Körperkomik) so, dass wir uns gekitzelt (und nicht verletzt) fühlen. Loriot z.B. kitzelt eigentlich immer die Haut des bundesrepublikanischen Spießbürgers, der unbedingt modern sein will (vgl. „Das schiefe Bild“). Das betrifft seit den 50er Jahren die Lage der Nation. Ganz anders kitzelt Heinz Erhardt, nämlich fast ausschließlich an unserer Sprachhaut (Kalauer).

„Humor“ ist allgemein die Bereitschaft, die Welt komisch zu finden. Bis etwa 1850 hat das Wort mit dem Lachen nichts zu tun. Es stammt aus der Säftelehre (Humoralmedizin), die seit der Antike und das Mittelalter hindurch die Medizin dominierte. Humor heißt ganz allgemein „Stimmung“. Also konnte man bis 1850 einen miesen, schlechte, sauren, melancholischen Humor haben. Wie kommt es dann zu dem Bedeutungswandel? Ein mittelalterlicher Bauer hätte z.B. einen Witz nicht verstanden. Die Pointe ist eine Erfindung des 18. Jahrhunderts. Witz ist Humor für Städter, für aufgeklärte, moderne Menschen. Bis zum 17. Jahrhundert herrscht die bäuerliche, groteske Lachkultur. (heutige Beispiele: Der brave Soldat Schwejk, Helge Schneider, aber auch Monty Python und Franz Kafka).

Vor dem Hintergrund des 100. Geburtstags Loriots in diesem Jahr ist es uns gelungen, mit Prof. Dr. Rainer Stollmann (Bremen) einen der führenden Humorforscher Deutschlands für einen Vortrag zu gewinnen.

Rainer Stollmann (*1947 in Bochum) war Professor für Kulturgeschichte an der Universität Bremen im Fach Kulturwissenschaft (bis 2012), studierte Germanistik und Geschichte in Bochum und Marburg. Seine Dissertation 1977 befasste sich mit der „Ästhetisierung der Politik. Literaturstudien zum subjektiven Faschismus“.  1986 gründete er mit anderen zusammen den Studiengang Kulturwissenschaft in Bremen. Im selben Jahr wurde er Direktor der Kooperation mit dem Dickinson College (Pennsylvania, USA) und dort Ass. Prof.; 1997 habilitierte er mit dem Thema „Groteske Aufklärung. Studien zu Natur und Kultur des Lachens“.

Seine Forschungsgebiete: Kritische Theorie, besonders Alexander Kluge, Literatur, Film und Massenmedien im 20. Jahrhundert, Lachen und Lachkulturen (Groteske, Humor, Komik, Witz)

Letzte Bücher: Ferngespräche. Über Eisenstein, Marx, das Kapital, die Liebe und die Macht der zärtlichen Kraft. (Gespräche mit Alexander Kluge) 2016; „Angst ist ein gutes Mittel gegen Verstopfung“. Aus der Geschichte des Lachens 2011; Die Entstehung des Schönheitssinns aus dem Eis (zus. Mit A. Kluge) 2005; Verdeckte Ermittlung. Ein Interview zur Alexander Kluges „Chronik der Gefühle“ 2001 (zusammen mit Christian Schulte); Alexander Kluge zur Einführung. 1998; Kurator der Film- und der TV-Edition Kluges 2008 und 2009 beim Goethe-Institut und Filmmuseum München. Herausgeber des Alexander-Kluge-Jahrbuchs seit 2014.

Details

Datum:
14. Februar 2023
Zeit:
19:00 - 21:00

Veranstalter

Wissenschaftlicher Verein Mönchengladbach gegr. 1849
E-Mail
info-vorstand@wissenschaftlicherverein.de
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Veranstaltungsort

Haus Erholung
Johann-Peter-Bölling-Platz 1
Mönchengladbach, 41061 Deutschland
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