Im Tierreich wird gesoffen, was das Zeug hält

Die Schnapsdrossel wird zu Unrecht verdächtigt.
Von Sigrid Blomen-Radermacher
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Saufende Igel – unter anderem darum ging es im Vortrag von Zoologe Mario Ludwig. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

„Meine Mission ist es, zu unterhalten. Und wenn die Leute dann noch mitnehmen, dass es um unsere Natur nicht gut bestellt ist, umso besser.“ Seine Mission wurde am Dienstagabend im Haus Erholung erfüllt: Auf Einladung des Wissenschaftlichen Vereins hielt der Zoologe Mario Ludwig vor etwa 60 Zuhörern seinen Vortrag „ Von saufenden Igeln und kiffenden Delfinen – Alkohol- und Drogenkonsum im Tierreich“.

Wussten Sie, dass die arme Schnapsdrossel völlig zu Unrecht einen Alkohol-assoziierten Namen trägt? Zwar ist „Drossel“ ein altes Wort für Kehle, aber das „Schnaps“ in ihrem Namen stammt vom „schnappen“. „Im Tierreich wird gesoffen, was das Zeug hält“, konstatierte Ludwig und referierte eine knappe Stunde lang über betrunkene Igel, Elche, Rentiere, Bären, Mäuse und Paviane.

Das mit den Igeln liegt an den Schnecken und ist vor allem ein englisches Phänomen (und hat, wie Ludwig andeutete, wenig mit der Trinkfestigkeit englischer Fußballfans zu tun): Die britischen Gärtner bekämpfen die Schnecken mit Bierfallen. Die Igel trinken sowohl die Fallen leer, und sie fressen die mit Bier gefüllten Schnecken. Ihren Rausch schlafen sie in den Gärten aus.

Bis dahin ganz witzig. Aber die Igel, benebelt wie sie sind, vergessen, sich einzurollen und sind Füchsen und Dachse ausgeliefert. Meist aber ist es vergorenes Obst, das den Tieren zum Verhängnis wird. Dann randalieren Elche herum, legen sich zum Schlafen auf die Autobahn oder spazieren durch Stockholm.

Braunbären in Kamtschatka stehen (besser gesagt: standen) auf Kerosin, das sie schnüffellten, was soweit ging, dass sie den Hubschraubern der Wildhüter hinterherliefen, um die letzten Tropfen zu erwischen. Mittlerweile liegen die Kerosinfässer nicht mehr herum, sondern sind weggesperrt und die Bären clean. Ein verrücktes Phänomen sind die kiffenden Delfine. Ludwig berichtete von einer in der BBC gezeigten Situation, in der Delfine einen Kugelfisch „wie einen Joint“ herumgehen ließen. Sie nehmen ihn kurz in ihr Maul, um das Nervengift des Kugelfisches zu konsumieren.

Wenn Elefanten unter Alkoholeinfluss ihr soziales Verhalten vollkommen aufgeben oder Webspinnen ihr Netz nicht mehr knüpfen können, Vögel bewusstlos vom Himmel fallen – spätestens dann erinnert man sich: Alkoholgenuss hat Folgen. Auch für Tiere.

Quelle: RP

Ergänzung unserer Homepage-Redaktion: Neben dem oben von der Rheinischen Post besprochenen Vortrag hielt Dr. Mario Ludwig an drei Vormittagen Vorträge in der Gesamtschule Hardt, dem Gymnasium am Geroweiher und dem Franz-Meyers-Gymnasium zum Thema „Küsse, Kämpfe, Kapriolen – Sex im Tierreich“. Auf seine bewährte humorvolle Weise behandelte er auf wissenschaftlicher Grundlage Themen wie Treue, Flirten, Imponieren – aber auch im Hinblick auf das Tierreich überraschende Aspekte wie Prostitution (z.B. bei Bonobos und Pinguinen). Hunderte von Mönchengladbacher Schüler/innen gehen jetzt möglicherweise mit neuen Blicken durchs Leben – eine Vielzahl interessierter Nachfragen zeugte davon, dass Dr. Ludwig mit seinem Vortrag beim wissenschaftlichen Nachwuchs richtig lag. Der Wissenschaftliche Verein freut sich, durch sein Sponsering jungen Menschen Einblicke in die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschungen verschafft zu haben, denen man nicht alltäglich begegnet.