Brennstoffzellen-Experte Ludwig Jörissen beim Vortrag zum Thema Wasserstoff- und Batteriespeicher im Haus Erholung.
Foto: Markus Rick
Die NEW setzt vorerst nur noch auf elektrisch betriebene Busse und will keine Diesel-Fahrzeuge mehr anschaffen. Wie berichtet, hat der Konzern für dieses Jahr 17 neue Elektrobusse bestellt. Die Überlegung, noch nicht auf die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle zu setzen, ist durchaus nachvollziehbar, wie nach einem Vortrag von Ludwig Jörissen deutlich wurde. Auf Einladung des Wissenschaftlichen Vereins Mönchengladbach referierte der Abteilungsleiter des Fachgebiets „Brennstoffzellen Grundlagen“ am Ulmer Standort des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg zum Thema „Die Rolle von Wasserstoff und Batteriespeichern in einer zunehmend mit erneuerbaren Energien elektrifizierten Welt“. Er stellte seine Sicht der Dinge dar, betonte der Wissenschaftler im Haus Erholung vor einer großen Zuschauerkulisse, die zur Freude des Vereinsvorsitzenden Ludolf Kolsdorf alle Erwartungen übertraf.
„Die Zukunft der Energieversorgung wird elektrisch werden“, sagte Jörissen, der speziell für den Verkehrssektor ergänzte: „Batterien und Brennstoffzellen treten an die Stelle von Benzin und Diesel.“ Die Batterien seien effizienter als die Brennstoffzellen, die durch Wasserstoff gespeist werden. Wasserstoffbetriebene Fahrzeuge seien für Langstrecken besser geeignet als für kürzere, auf denen Elektrofahrzeuge zum Einsatz kommen. Sowohl in der Herstellung als auch in der Speicherung müsse noch viel geforscht werden. Auch sei davon auszugehen, dass Deutschland immer ein Importland für Wasserstoff sein werde. Der Vorteil: Dank der weltweiten Produktionsstätten für Wasserstoff sei eine Diversifizierung möglich, die die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten ausschließt.
1990 waren Kohle, Öl, Gas und Kernkraf die Garanten für die Energiegewinnung, – anders als bei der aktuellen Situation. An ihre Stelle treten Sonne, Wind und Biomasse. „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, dass Strom aus alternativen Energiequellen konkurrenzfähig ist.“
Bereits 1988 habe es mit der Gründung des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung, die „erstaunliche Weisheit“ gegeben, das Leben in der „Energieverbrauchswelt“ so zu gestalten, dass immer, jederzeit und überall Strom in ausreichendem Maße aus erneuerbaren Quellen verfügbar ist.
Nicht zuletzt die erste Energiekrise mit stark steigenden Preisen für die fossilen Energieträger habe den Blick auf die Erneuerbaren gelenkt. Mit sinkenden Preisen für Öl, Kohle und Gas sei das Interesse an Alternativen wieder gesunken. „Jetzt ist der Klimaschutz der Treiber“, sagte Jörissen, der darauf verweist, dass sich der CO2-Anteil in der Luft in den vergangenen 40 Jahren und rund 30 Prozent erhöht habe. Die Politik sei auf dem richtigen Weg gewesen, habe dann aber vor zehn Jahren „kalte Füße“ bekommen und sich wieder von Photovoltaikanlagen und Windrädern verabschiedet – von einem Tempolimit ganz zu schweigen, das den CO2-Ausstoß reduzieren könnte. „In der Industrie der erneuerbaren Energien sind 200.000 Arbeitsplätze abgewandert.“
Die Zuwendung zum Wasserstoff sei richtig. Allerdings werde Deutschland niemals die hier benötigten Mengen herstellen können. Den importierten Wasserstoff in Tankwagen durchs Land zu transportieren, verbrauche viel Energie. Sinnvoll sei es, den Wasserstoff durch bestehende Erdgasnetze zu leiten. Das Gas müsse in erster Linie für Fahrzeuge genutzt werden. „Er ist zu schade, einfach nur verbrannt zu werden, um Wärme in Gebäuden zu erzeugen.“ Hier sei Gas noch eine Zwischenlösung, die schnell beendet werden solle. „Wir müssen die PV- und Windindustrie wieder hochfahren.“ Wind und Sonne könnten dann nicht nur die Stromversorgung größtenteils sicherstellen, sondern auch die Energie bereitstellen, die benötigt wird, um tatsächlich „grünen Wasserstoff“ herzustellen.
Das farblose, geruchlose und brennbare Gas zu speichern sei leichter als Strom. Der Wasserstoff kann als verbindendes Element zwischen den Energiesektoren dienen und nicht nur Langstreckenfahrzeuge antreiben, sondern nötigenfalls auch den Strom erzeugen, der bei Windflaute oder in den Abendstunden ohne Sonne benötigt wird. An den Speichern zu forschen, sei eine Aufgabe. Jörissen arbeitet daran.