Wissenschaftlicher Vortrag in Mönchengladbach
Mönchengladbach · Ob im alten Ägypten, der Renaissance oder nun im Haus Erholung: Im Lauf der Geschichte haben sich viele Menschen für das fliegende Gefieder interessiert. Ornithologe Karl Schulze-Hagen griff zu Anekdoten aus verschiedenen Epochen, um auch Laien für das Thema zu interessieren.
Karl Schulze-Hagen erzählte von einem Pestarzt, der früh verstorben sei, dessen Erkenntnisse ihn aber um ein Vielfaches überleben sollten. Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)
Er führt ein „Doppelleben“, wie Ludolf Kolsdorf als Vorsitzender des Wissenschaftlichen Vereins augenzwinkernd feststellte. Beruflich engagiert als Gynäkologe in Mönchengladbach, privat ist die Ornithologie das größte Steckenpferd von Karl Schulze-Hagen. Als er im voll besetzten Veranstaltungsraum des Haus Erholung referierte, blieb kein Stuhl mehr frei.
„Eine kurze Geschichte der wissenschaftlichen Ornithologie – Passion, altes Wissen, neue Horizonte“ – so hatte der leidenschaftliche Vogelkundler seinen kurzweiligen und auch für Laien gut verständlichen Vortrag überschrieben, der unter anderem Frühgeschichte, Antike und Mittelalter streifte. Was den Experten für gefiederte Tiere, der inzwischen auf 80 Publikationen sowie fünf Bücher verweisen kann, so fasziniert: „Vögel sind uns näher als andere Tiere. Sie sind Mittler zwischen der göttlichen und menschlichen Sphäre, sie sind die überlebenden Dinosaurier.“
Die Faszination, die Schulze-Hagen verspürt, gab es schon in der Frühgeschichte, die 3000 vor Christus endete. Der Mediziner verwies auf Höhlenzeichnungen, die Vögel abgebildet hätten, eine aus Geierknochen geschnitzte Flöte, etwa 40.000 Jahre alt, sei auf der Schwäbischen Alb gefunden worden. Bearbeitete Felsenknochen-Tauben aus Gibraltar seien sogar 67.000 Jahre alt.
Auch in der Kultur des alten Ägypten seien Vögel „allgegenwärtig“ gewesen, so Schulze-Hagen. Als Beispiel führte er Rothalsgänse und den sogenannten Ibis-Kult an. Dieser reiherartige Vogel habe damals als Symbol für Weisheit und ewiges Leben gegolten. „Der Ibis wurde geopfert und mumifiziert“, erläuterte er. Vier Millionen mumifizierte Exemplare aus ganz Afrika seien nach Ägypten gebracht worden, wo es spezielle Ibis-Friedhöfe gegeben habe. „Eine logistische Meisterleistung.“
In der Antike seien Eulen verehrt worden, was sich an dem Spruch „Eulen nach Athen tragen“ festmachen lasse. Eine Zellschicht hinter dem Auge versetze sie – wie auch Katzen – in die Lage, nachts sehen zu können, um Mäuse zu fangen. Als Naturforscher habe schon Aristoteles Vögel beobachtet, was ihn zum Begründer der Ornithologie gemacht habe. Tierbegeistert sei auch Friedrich von Hohenstaufen gewesen, der das Übersetzen von Aristoteles‘ vergessenen Schriften in Auftrag gegeben und die Falkenjagd nach Europa gebracht habe.