Was mit Sprache alles bezweckt werden kann

Wissenschaftlicher Verein in Mönchengladbach

Mönchengladbach · Professorin Gabriele Diewald referierte beim Wissenschaftlichen Verein über geschlechtergerechte Ausdrucksweise. Warum die Form „divers“ wichtig ist.

Von Angela Wilms-Adrians

Professorin Gabriele Diewald aus Hannover erklärte die Wirkung von Sprache beim Vortrag im Haus Erholung.

Foto: Mario WInkler (mw)/Mario Winkler (mw)

Die Anrede „Herrn Prof. Dr. Gabriele Diewald“ auf einem Briefumschlag steht beispielhaft für stereotype Erwartungen. „Das entspricht der Vorstellung, ein Professor ist ein Mann, und fühlt sich für die Adressatin ein bisschen komisch an“, sagt Sprachwissenschaftlerin Professorin Gabriele Diewald. Auf Einladung des Wissenschaftlichen Vereins referierte die Professorin am Deutschen Seminar der Leibniz-Universität Hannover im Haus Erholung über „Geschlechtergerechte Sprache aus linguistischer Sicht“.

Diewald betont, „immer schon“ den Sprachwandel im Zusammenhang grammatischer Systeme beobachtet zu haben. Dem als klassisch geltenden Vorwurf „Sprache habe kein Gewicht“ stellt sie ihre Überzeugung von der Bedeutung der Sprache gegenüber, an der folglich gearbeitet werden müsse. Sprache sei ein Mittel der Gleichstellung, wenn auch „kein Zaubermittel“. „Wir müssen kapieren, wo wir stehen und von woher wir kommunizieren. Das heißt, wir kategorisieren und perspektivieren beim Sprechen. Daraus folgt, Sprechen ist ein Instrument des Handelns“, sagt Diewald. Sie betont, eine geschlechtergerechte Sprache müsse situations- und sachlich angemessen wie auch inhaltlich korrekt sein.

Die Linguistin setzt sich eingehend mit Sprachregeln des grammatischen Geschlechts (Genus) auseinander, das es in der englischen Sprache nicht gibt. Die hiesige sprachwissenschaftliche Situation sei interessant und schwierig. Als soziales Geschlecht definierte Diewald ein gesellschaftliches Rollenverständnis und damit verbundene Charaktereigenschaften für männlich und weiblich. Sie spricht über das „generische Maskulinum“, das alle Männer anspreche. Frauen aber wüssten nicht, ob sie im konkreten Fall mit gemeint oder ausgeschlossen seien. Das widerspreche dem Kommunikationsprinzip der Klarheit.

Mit der neuen Kategorie „divers“ ergebe sich eine Verschiebung der einst als Norm empfundenen Geschlechterordnung und damit die Aufkündigung des „Male as norm“ (Mann ist die Norm) als Ausdruck für männliche Perspektive als Standard. „Wir haben eine Benennungslücke für die dritte Option. Divers ist keine Personenbezeichnung und ein Adjektiv mit sehr allgemeiner Bedeutung“, sagte Diewald.

Sie stellt aktuelle Praktiken, wie das Gender-Sternchen, und Lösungsmöglichkeiten, wie geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen und Umschreibungen vor. Insbesondere an als ungewöhnlich empfundenen Wortbildungen entzündeten sich Diskussionen. Das entspreche aber einem ganz normalen Wortbildungsprozess. Diewald empfiehlt Pragmatismus wie auch verschiedene Redeinteressen und Formen anzuerkennen.

Quelle: RP

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