Vortrag in Mönchengladbach: Wie Strom in Zukunft erzeugt werden sollte

In seinem Vortrag sprach Professor Dirk Uwe Sauer über die Limits und Chancen unterschiedlicher Energiequellen und die Sorge vor dem Blackout.

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Eröffneten die neue Vortragsreihe in der Gladbacher Bank (v.l.): Sven Wittek (Gladbacher Bank), Erwin Münch (Wissenschaftlicher Verein), Professor Dirk Uwe Sauer (RWTH Aachen) und Ludolf Kolsdorf (Wissenschaftlicher Verein).

Foto: Ilgner,Detlef (ilg)

„Wir bekommen keine Probleme in der Gesamtstrommenge“ – so lautet das positive Fazit von Professor Dirk Uwe Sauer. Der Leiter des Lehrstuhls für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik an der RWTH Aachen hat als Gast des Wissenschaftlichen Vereins Mönchengladbach referiert. Beim Auftakt der Vortragsreihe zum Thema „Umbau des Energiesystems und seine Auswirkungen auf Stromerzeugung, Wärmeversorgung, Mobilität und Industrie“ betont Sauer die Notwendigkeit, auf Erneuerbare Energien zu setzen und zeitgleich den Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Stoffe zu schaffen.

Das Erreichen der Klimaziele nach dem Pariser Vertrag mit dem Einhalten der 1,5-Grad-Grenze bei der Erderwärmung habe Verfassungsrang, so Sauer. Auch die Politik müsse sich daran orientieren. Aber laut Sauer sind die Ziele durchaus machbar – wenn insbesondere auf Photovoltaik (PV) und Windkraft gesetzt werde. Etwa 80 Prozent der Stromerzeugung müsse aus diesen beiden Quellen kommen. „Wir haben wertvolle Zeit verloren und müssen schnell handeln, um die Ziele zu erreichen“, mahnt der Universitätsprofessor.

Nicht viel hält Sauer von der Energiegewinnung durch Biomasse. Sie sei im Vergleich zu Photovoltaik wenig effektiv. 2,6 Millionen Hektar Land würden derzeit für den Anbau von Biomasse genutzt.

Photovoltaikanlagen auf dieser Fläche würden 225 Prozent des Energiebedarfs liefern, sagt Dirk Uwe Sauer: „Die Photovoltaik ist die günstigste Form der Stromgewinnung und es würde nicht einmal neue Fläche gebraucht, wenn wir von der Biomasse umschwenken würden auf die Sonnenenergie.“

Auch das Gas war Thema: Die Industrie werde auch in Zukunft nicht ohne den Energieträger auskommen, denn er sei unabdingbar zur Herstellung vieler Produkte. „Wenn es heißt, die Industrie spare 20 Prozent an Gas ein, ist das nicht unbedingt ein gutes Zeichen“, sagt Sauer: „Das bedeutet, dass weniger produziert wird.“

Bei der Wärmeversorgung von Gebäuden sieht es allerdings anders aus. Rund 50 Prozent aller Wohngebäude werden mit Gas beheizt. „Neubauten sind nicht das Problem. Viele neuen Baugebiete haben gar keine Gasversorgung mehr“, sagt Sauer. Doch der Altbestand bereite bei der Umrüstung Sorgen. Derzeit könnten nur 1,5 Prozent erneuert werden. „Der Flaschenhals ist dabei das Fachpersonal. Es gibt zu wenige Handwerker“, erklärt Sauer die Situation.

Seine Annahme ist, dass die seit Ende 2021 steigenden Energiepreise weiter steigen werden. Ein Grund sei der enorme Strombedarf, den Frankreich teuer zukaufen muss, weil die Atomkraftwerke saniert werden müssen. „Das treibt den Preis an den Strombörsen in die Höhe.“ Der zweite Grund sei das Gas, das aus anderen Quellen als aus russischen nach Deutschland fließt und teurer ist als vor Kriegsbeginn.

Zusätzlich formuliert der Universitätsprofessor eine Befürchtung: Nämlich, dass es trotz der ausreichenden Gesamtstrommenge zu Stromausfällen kommen könnte: „Wenn im Winter alle ihre Radiatoren einschalten, weil sie Gas sparen wollen, fliegen die Sicherungen raus“, sagt Dirk Uwe Sauer, der aber unterm Strich zuversichtlich ist, dass der Umbau mit Sonne und Wind und daraus folgend auch die Gewinnung von Wasserstoff als Energiespeicher gelingen kann.

Quelle: RP